Es herrscht offenbar ein großes Einvernehmen darüber, dass Baumwolle eine Pflanze ist, deren Durst so immens ist, dass man sie ohne größere moralische Bedenken eigentlich kaum mehr anbauen kann. Derlei Aussagen missachten wichtige Differenzierungen und verkürzen Probleme – weswegen wir hoffen, mit diesem Text den ein oder anderen Aspekt gerade rücken zu können. Nicht zuletzt ist uns das auch deswegen ein wichtiges Anliegen, weil uns dieses Thema schon von Anfang an begleitet und bewegt.
Die Zahlen, denen man im Zusammenhang mit dem Wasserverbrauch von Baumwolle häufig begegnet, liegen irgendwo zwischen 10.000 und 17.000 Litern Wasser pro Kilogramm – und sind, so bestätigt die Bremer Baumwollbörse, die sich seit Jahren eingehend mit dem Thema beschäftigt, viel zu hoch gegriffen. Zunächst muss man vielleicht Grundlegendes darüber verstehen, wie die Baumwollpflanze »tickt«. Sie ist ein sogenannter Xerophyt – und damit wortwörtlich eine »Trockenpflanze«. Xerophyten sind in der Regel sehr gut an Trockenheit angepasst und können Wasser entsprechend gut speichern. Baumwolle benötigt, auch das ist ein Fakt, in den ersten drei Monaten zu Beginn ihres Wachstums tatsächlich recht viel Wasser – insbesondere, um gute Erträge sicherzustellen.
Im Anschluss daran kommen sie aber im Prinzip ohne Wasser aus: Baumwollpflanzen verfügen über ein weites, feines Wurzelsystem, das sie problemlos auf Wasserreserven im Boden zugreifen lässt. Kurzum: Eine natürliche, den Anbauregionen und damit letztlich auch dem Rhythmus der Natur angepasste Bewässerung wäre immer das Beste und Richtigste, das man der Baumwolle geben kann – ist zugleich aber leider auch die Methode, die viel zu selten gewählt wird. Hier liegt übrigens ein weiteres zentrales Problem: Wenn die Böden durch Monokulturen ihr Wasserspeichervermögen verlieren, dann wird der Pflanze die Möglichkeit genommen, auf dieses Wasser zuzugreifen. Deswegen sind wechselnde Fruchtfolgen auch so wichtig. Sie sorgen dafür, dass sich ausreichend organische Substanzen im Boden anreichern können und diesem ein höheres Wasserspeichervermögen geben.
Bei unserer Reise nach Uganda im Dezember 2017 konnten wir übrigens sehen, wie »richtiger« Bio-Baumwollanbau geht: Von Dezember bis Februar, wenn dort Sommer ist, wird die Baumwolle geerntet, während man von März bis Mai und September bis November das Wasser der Regenzeit nutzt. Es gibt einen weiteren Aspekt, der hier bereits anklingt und weitreichende Konsequenzen hat: die Art und Weise der Bewässerung. Bei der Oberflächenbewässerung, die oftmals als Methode erster Wahl zum Einsatz kommt, verdunstet mehr als die Hälfte des verwendeten Wassers – und wird eben gerade nicht, wie oft behauptet, von den Pflanzen verschwendet. Eine Alternative wäre hier die Tröpfchenbewässerung, bei der unterirdisch Wasser in den Boden injiziert wird. Diese Methode ist nicht nur mit Blick auf den Wasserverbrauch die bessere Wahl, sondern würde gleichzeitig der Versalzung des Bodens vorbeugen.
Dass beim Anbau konventioneller Baumwolle eine erhebliche Menge an Pestiziden zum Einsatz kommt, ist ein Problem, dass einen ganz eigenen Text verlangen würde, hier aber zumindest kurz vermerkt sein soll. Dreh- und Angelpunkt aller Negativszenarien ist im Prinzip ein falsches Versprechen: Dass man Baumwolle in ganz unterschiedlichen Regionen anbauen kann. Damit sind selbstverständlich ökonomische Interessen und Hoffnungen verknüpft. Die idealen Bedingungen sind indes nur zwischen dem 32. Breitengrad Süd und dem 37. Breitengrad Nord gegeben: Regionen in Westafrika (zum Beispiel Ghana, Burkina Faso), Indien oder der Türkei also, die eine ausreichend gute Balance zwischen Trockenheit, Wärme und Regenfällen haben. Je nördlicher Baumwolle angebaut wird – und inzwischen wird sie das leider – desto stärker und konsequenzenreicher sind die Maßnahmen, die zur Bedürfnisbefriedigung der Pflanze aufgewendet werden müssen Würde die folgenhafte Trias aus falscher Standortwahl, Monokulturen und falschen Bewässerungssystemen endlich als solche benannt und kritisch diskutiert werden, stünde es um das Image der Baumwollpflanze gewiss anders – und so würden wir uns wünschen, dass darüber in Zukunft differenzierter gesprochen werden wird.
Apropos differenzierter: Was erschreckend oft außer Acht gelassen wird, ist eine getrennte Betrachtung von konventioneller Baumwolle einerseits und Bio Baumwolle auf der anderen Seite. Der Wasserverbrauch bei nachhaltiger Baumwolle ist, so zeigt eine Analyse zum Lebenszyklus von Bio Baumwolle, die Textile Exchange 2014 veröffentlicht hat, um 91% niedriger als beim Anbau konventioneller Baumwolle. Außerdem sind die Böden dort, wo Bio Baumwolle angebaut wird, besser in der Lage Wasser zu speichern. Unsere Bio Stoffe enthalten natürlich nur zertifizierte Baumwolle, die aus der Türkei oder Uganda stammt – denn es ist für uns wichtig und selbstverständlich, unseren Beitrag zu einem nachhaltigen, ressourcenschonenden Baumwollanbau zu leisten.
Deswegen sind wir für Euch regelmäßig in der Türkei, Uganda oder auch Indien und informieren und bilden uns zu diesem so wichtigen Thema. Da es uns ebenso eine Herzensangelegenheit ist, kritische Diskussionen zu diesem Thema zu führen und zu forcieren, könnt Ihr Euch jederzeit bei uns melden, solltet Ihr weitere Fragen oder Hinweise haben.