Es gibt vermutlich eine Menge Leute, denen das amerikanische Institut „Pantone“ schon einmal untergekommen ist – auf einer Tasse, einer Smartphonehülle oder einem Paar Socken zum Beispiel. Pantone schafft nämlich nicht nur Verbindlichkeiten, wenn es um Farbe geht, sondern setzt auch ästhetisch Maßstäbe. Eine Farbe, ein dazugehöriger Farbcode – fertig ist ein schlichtes Utensil, das vom Museumsshop über das Ingenieursbüro bis hin zum hippen Wohnzimmer überall seinen Platz finden kann. Am Anfang dieses Siegeszuges stand dabei zunächst das naheliegende aber vertrackte Bedürfnis, Farben systematisieren zu wollen – für eine einfachere Kommunikation bei der Auswahl und Umsetzung verschiedener Farbideen und -konzepte. 1962 – Fidel Castro wird exkommuniziert, Hamburg und der restliche Norden Deutschlands haben mit einer Sturmflut zu kämpfen und Lawrence Herbert, bis zu diesem Zeitpunkt Angestellter des Farbkarten-Herstellers „Pantone“, kauft die Firma und entwickelt ein System zur Farbkommunikation: das Pantone Matching System. Herberts Idee trifft nicht nur einen Nerv, sondern löst ein Problem, das man sowohl als ein philosophisches als auch als ein technisches beschreiben kann: Wie kommuniziert man über eine Sache, die ihrer Natur nach hochgradig subjektiv ist?
Ganz einfach: Man entsubjektiviert sie, schafft Normen, findet Codes und vergibt Namen, die man bündelt und als globales System etabliert. Der Pantone-Farbfächer, mit dem auch Lebenskleidung arbeitet, versammelt inzwischen um die 2.100 Farben von ‚Bright White‘ über ‚Molten Lava‘ bis hin zu ‚Frosted Almond‘. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie enthalten Sonderfarben, die man mit einem herkömmlichen Vierfarbdruck nicht erreichen könnte. Diese entstehen auf der Grundlage von 18 Basisfarben, die sich als internationaler Standard herauskristallisiert haben und die – verschieden gemischt – alle Farben des Fächers ergeben. Ihre klangvollen Namen werden zusammen mit einem Nummerncode zu dem, was man eine Pantone-Farbe nennt. ‚Mother of Pearl‘, ein pudriges Beige, trägt so beispielsweise die Kennziffer ‚12-1006 TPX‘ – für Diskussionen über individuelle Wahrnehmungserlebnisse bleibt in dieser dichten Zahlenfolge kein Platz. Das Pantone-Institut ist aber nicht nur dafür verantwortlich, verschiedenste Gelb-, Blau- oder Grüntöne zu klassifizieren und mit Nummern zu versehen.
Trendscouts ziehen weltweit durch die Cafés, Clubs und Einkaufsläden der großen Metropolen und tun vor allem eines: beobachten und notieren. Die Einsicht, dass erst nach den Farben die Formen kommen, ist in der Wahrnehmungspsychologie nichts Neues. 80 % unserer Wahrnehmungsereignisse werden durch die Augen gefiltert und nahezu alles, was wir benennen, empfinden oder diskutieren hat in irgendeiner Weise mit Farben zu tun. Die Farben, die in regelmäßigen Abständen als Trendfarben des Jahres gelten, haben entsprechend eine lange Geschichte. Bereits zwei Jahre im Vorfeld legt Pantone fest, was zur Modefarbe werden wird. Für Firmen, die mit Farben zu tun haben, ist der Grat zwischen der vorgegebenen Trendfarbe und dem, was sich allgemeiner Beliebtheit erfreut, ein sehr schmaler. 2014 beispielsweise hatte Pantone das matte, kraftvolle Lila ‚Radiant Orchid‘ zur Farbe des Jahres ernannt – ein Farbton, der bei aller Liebe zum Trendbewusstsein nicht Jedem/r steht.
In diesem Jahr hat es erstmals in der Geschichte von Pantone ein Zwilling auf den ersten Platz geschafft: Rose Quartz und Serenity geben ein ziemlich unschlagbares Duo ab, das kaum Wünsche offen lässt. Pantone erklärte, es sei die perfekte Verbindung von Wärme und Ruhe; von Vorwürfen, dass das Rosa babyfarben sei, möchte man sich distanzieren.
Und tatsächlich wirken beide Töne zwar weich und sanft, aber dennoch erhaben und kraftvoll.
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elbst in Venice Beach gibt es kein Entkommen: Rose Quartz und Serenity in einer Zufallsbegegnung[/caption] Auch die Beobachtung, dass geschlechterspezifische Farben in Zukunft verschwimmen werden, hat die Entscheidung beeinflusst. Wenn Geschlechter fließende Konstrukte sind, warum sollen Farben es dann nicht auch sein? In zahlreichen Modehäusern findet sich die Kombination der beiden Pantone-Farben nun auch konsequent – und zwar sowohl in der Herren-, als auch in der Damenabteilung. Welche die Farbe des Jahres 2017 werden wird, können auch wir nur erahnen und es dann wie gewohnt in unsere Planungen einbeziehen. Ein großartiger Neuzugang in Pantones Farbfächer ist derzeit das ‚Minion Yellow‘, das nach nicht weniger als den Kinohelden der vergangenen Jahre benannt ist.
Die Argumente für die Aufnahme in den Farbkatalog sind durchaus schlagend: „Minion Yellow ist eine Farbe, die das Bewusstsein steigert und Klarheit bringt, indem es den Weg zu Intelligenz, Originalität und der Genialität eines freien Geistes beleuchtet. Es ist die Farbe von Hoffnung, Vergnügen und Optimismus.“, so Leatrice Eiseman, die Executive Producer bei Pantone ist. Ob das ‚Minion Yellow‘ es in unseren Katalog schaffen wird, müssen wir leider noch geheim halten. Bis zur Auflösung darfst Du Dich aber durch die aktuelle Farbenpracht des Herbst- und Winter-Spezials schauen!