Nachdem wir uns Ende letzten Jahres darauf geeinigt hatten, dass unser Neujahrsvorsatz 2019 auf jeden Fall sein sollte, öfter hinter die Kulissen zu schauen, mehr nachzufragen und noch transparenter zu werden, haben wir dieses Versprechen auch gleich eingelöst - und uns mit Mandy Geddert getroffen. Mandy ist die Frau hinter den Gummibändern, die Ihr seit vergangenem Mai bei uns im Shop kaufen könnt. Da wir immer wieder Nachfragen erhalten, bei denen es darum geht, wie sicher diese Bänder sind - insbesondere, wenn man sie in Kinderspielzeug einsetzt - war es sozusagen ein glücklicher Zufall, dass Mandy ihre Bänder soeben hat testen lassen!
Hallo Mandy! "Spielzeugnorm", das hat Jede/-r irgendwie schon mal gehört, aber konkret vorstellen können sich darunter dann doch die Wenigsten. Vor Kurzem sind Deine Gummibänder getestet worden. Wieso genau hast Du Dich dafür entschieden?
Ich bekam konkrete Anfragen von Spielzeugherstellern, speziell für Puppen. Sie hatten offensichtlich Probleme bei der Beschaffung von schwermetall- und nitrosaminarmen Gummibändern, die in der Spielzeugherstellung für Babys und Kleinkinder unter 36 Monaten eingesetzt werden können. Bei der beschriebenen Zielgruppe sind die gesetzlichen Anforderungen höher als für die Spielzeugnorm. Babys und Kleinkinder stecken bestimmungsgemäß alles in den Mund. Durch das Speicheln und Nagen an Spielzeugen können Bestandteile, wie kleine Härchen von Fasern, in den Verdauungstrakt gelangen und somit in den gesamten Organismus, und können diesen aufgrund ihrer Inhaltsstoffe schädigen. Nitrosamine gelten bereits in sehr kleinen Mengen als krebserregend. Insofern sind die deutschen Grenzwerte für Nitrosamine sehr niedrig angesetzt.
Von Nitrosaminen hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts gehört. Ich musste mich erst einmal schlau machen. Unterstützung bei der Recherche erhielt ich von Nadja Lüders, der Spezialistin für Spielzeugnormen. Das Thema war dann für mich plötzlich so spannend, dass mich der Ehrgeiz packte herauszufinden, welche Inhaltsstoffe in meinen Bändern steckten, von denen ich ggf. keine Kenntnis hatte.
Schön, dass Du da gleich Nachforschungen angestellt hast! Und da Du nun Expertin bist: Was sind diese Nitrosamine und N-nitrosierbare Substanzen?
Nitrosamine kommen in ganz unterschiedlichen Bereichen vor: in Nahrungsmitteln, Tabak, Kosmetika oder Bedarfsgegenständen aus Latex/Kautschuk. Bei der Kautschukherstellung werden aminhaltige Chemikalien als Konservierungsstoffe bzw. Vulkanisationsbeschleuniger verwendet, die während des Produktionsprozesses zu Nitrosaminen umgewandelt werden können.
Bei N-nitrosierbaren Substanzen handelt es sich um Vorläufer der Nitrosamine, die erst nach dem Übergang aus dem Speichel im sauren Milieu des Magens zu den krebserzeugenden Nitrosaminen umgewandelt werden können.
(Quelle: Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Bayern)
Wie läuft so ein Test ab, welche sind die einzelnen Schritte und wie lange dauert so etwas?
Für einen Test reichte ich eine Mustermenge von 25 Gramm pro Band ein. Das Prüfverfahren auf Schwermetalle simuliert mit künstlichem Magensaft die Löslichkeit bestimmter Substanzen und Elemente des Testobjekts. Dieser Prozess nennt sich Prüfung zur Migration.
In diesem Verfahren wurden aus den einzelnen Bestandteilen die löslichen Stoffe in einer Menge extrahiert, welche dem Anteil im Verdauungstrakt nach dem Verschlucken möglichst nahe kommt.
Anschließend wurde die Konzentration der gelösten Stoffe genau bestimmt und diese Konzentration in 1 Kilogramm des Testobjekts ermittelt. Anhand von definierten Grenzwerten ließ sich dieser Wert dann gemäß EN 71-3 als unbedenklich oder kritisch einordnen. Somit war schnell ersichtlich, ob die Norm erfüllt wurde.
Bei der Prüfung auf Nitrosamine und N-nitrosierbare Substanzen wurden die textilummantelten Gummischnüre mit Speichelprüflösung versetzt und mehrere Stunden lang bei einer Temperatur um 40 Grad Celsius aufbewahrt. Die Speichellösung wurde anschließend gemäß DIN EN 71–12 auf Nitrosamine und N-nitrosierbare Stoffe untersucht. Die Prüflaufzeit dauerte 10 Tage.
In welchen Bereichen/bei welchen Produkten ist es besonders wichtig, die Spielzeugnorm zu beachten?
Die Sicherheit von Spielzeugen und Spielgeräten ist in der Europäischen DIN Norm EN 71 geregelt und in der Bedarfsgegenständeverordnung. Strengere Grenzwerte gelten vor allem für Spielzeug/Babyartikel für Kinder unter 3 Jahren, die in den Mund genommen werden sollen.
Was genau wurde bei dem von Dir in Auftrag gegebenen Test geprüft und vor allem: Wie waren die Resultate?
Geprüft wurde auf Schwermetalle wie Aluminium, Antimon, Arsen, Cadmium, Barium, Bor, Chrom, Chrom III, Chrom VI, Kobald, Kupfer, Blei, Mangan, Quecksilber, Nickel, Selen, Strontium, Zinn und Zink. Und N-Nitrosamine sowie N-Nitrosierbare Stoffe. Die Prüfergebnisse lagen alle sehr deutlich unter den angegebenen Grenzwerten.
Weiß ein Großteil der Kundinnen in der Regel bereits, welche Normen es bei der Produktion zu beachten gilt, oder ist das tatsächlich ein gemeinsames Lernen und Weiterbilden?
Meine Kund*innen, die professionell Spielzeuge herstellen, kennen sich sehr gut mit den Richtlinien aus. Eben weil die Europäischen Anforderungen in diesem Bereich sehr hoch sind. Für mich ist es eher ein Lernen und Weiterbilden.